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Literatur und mehr zur regionalen
Kinogeschichte |
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Etwas über Kinonamen: Roxy |
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„Roxy“ war der
Spitzname von Samuel L. Rothafel. Er wurde 1882 als Kind deutsch-jüdischer
Auswanderer in Minnesota/USA geboren. Sein ursprünglicher Name war Samuel
Rothapfel. Den Spitznamen „Roxy“ soll schon der Vater getragen haben, er
erinnert an englisch „rock, rocks = Fels, Felsen“. Sein erstes
Kino eröffnete Roxy 1908 im umgebauten Tanzsaal einer Bierhalle in Forest
City in Pennsylvania. In Minneapolis baute er 1911 eines der größten Theater
der Stadt zu einem Kino namens LYRIC THEATER um. Er engagierte ein eigenes
Orchester für die Begleitung und setzte vor allem auf Eleganz. 1913 wurde
Rothafel Geschäftsführer des neueröffneten REGENT THEATER in New York. In den
nächsten Jahren wurde er zu einem der erfolgreichsten Kinoleiter der USA –
ohne jedoch Kinoeigentümer zu sein. Im März 1927
wurde dann das ROXY in New York eröffnet. Mit 5920 Plätzen war es zu diesem
Zeitpunkt das größte Kino der Welt. Eigentümer wurde kurz vor der Eröffnung
der Filmproduzent William Fox, Roxy hatte maßgeblichen Einfluss auf die
Innenausstattung. „Das Roxy war
in der Tat spektakulär – eine ausladende vergoldete Kathedrale zur Anbetung
des Kitschs, der Träume und des Kinos selbst. Bei seiner Eröffnung weilten
Charlie Chaplin, Harold Lloyd, Otto Kahn und Senator Robert Wagner unter den
Premierengästen, und Präsident Coolidge sandte seine Glückwünsche per Film.
125 Polizisten waren erforderlich, um die Menschenmenge in Zaum zu halten. Im
Inneren kündigte ein Glockenspiel den Beginn der Vorstellung an, dann betrat
ein Mann in einer Mönchskutte die Bühne, deutete auf den Balkon und rief: ‚Es
werde Licht!’ Eine Flut von Scheinwerfern tauchte das Orchester in gleißendes
Licht: eine echte Roxy-Inszenierung.“ (Gabler „Ein eigenes Reich. Wie die
jüdischen Emigranten Hollywood erfanden“, Berlin 2004, S. 140) Der Ruf dieses
Filmtheaters ging um die ganze Welt und führte zu Gründung von Kinos namens
ROXY weltweit. ROXY wurde zum Synonym für Filmpalast. Der Name des
Unternehmens war nicht geschützt und Roxy hatte wohl selber auch kein
Interesse daran, finanzielle Vorteile daraus zu ziehen. Für ihn waren Ruhm
und Ruf wichtiger. Das führt dazu, dass der 1936 verstorbene
Filmpalastmanager heute noch unvergessen ist, auch wenn sein ROXY in New York
1960 abgerissen wurde. In Deutschland
eröffnete am 25.10.1929 der ROXY-PALAST in Frankfurt am Main mit 1105 Plätzen
und am 31.10.1929 in Berlin-Schöneberg der ROXY-PALAST
mit 1106 Plätzen. Das Berliner Kino wurde vom deutschen Filmproduzenten
Hermann Rosenfeld und dem Münchner Kinobesitzer Wilhelm Sensburg betrieben. Obwohl der
Name eindeutig jüdischer Herkunft ist, scheint es nie Probleme damit in der
Zeit des Nationalsozialismus gegeben zu haben. In Deutschland gab es bis 1945
mindestens 12 Kinos namens ROXY, davon 5 in Berlin. In Mannheim wurde 1929
das ELDORADO in ROXY umbenannt. Das Kino wurde 1934 geschlossen und
abgerissen. 1937 übernahmen die RHEINAU-LICHTSPIELE in Mannheim-Rheinau
diesen Namen. Im selben Jahr eröffnete in Magdeburg das ROXY. 1933 eröffnete
bereits in Kiel ein ROXY. Nur ein Jahr lang wurden im ROXY-PALAST in Hamburg
Filme gezeigt (1932-1933). In Strausberg bei Berlin wurden 1940 die
SCHWAN-LICHTSPIELE zum ROXY. Dieses Kino und das ROXY in Berlin-Prenzlauer
Berg (bis 1957) waren die einzigen ROXY-Filmtheater in der DDR. Die Hochzeit
der Roxy-Kinos waren die 1950er Jahre in Westdeutschland, über 100
Kinoneubauten wurden so benannt. Lautlich
erinnert an den Namen ROXY an den Kinonamen REX. Interessant ist, dass REX
erst seit 1933 als Kinoname in Deutschland verwendet wird – also nachdem ROXY
schon als Kinoname etabliert war. Seit dem Ende
des Kinobooms der 1950er Jahre wird der Namen Roxy nicht mehr vergeben. Kinos
namens ROXY gibt es heute noch z.B. in Helmstedt
(seit 1954), in Neustadt
an der Weinstraße (seit 1956) und in Wertheim
(seit 1954). Wie so oft
wurde der Kinoname Vorbild für eine Filmproduktionsfirma. 1951 gründete Luggi
Waldleitner (1913-1998) in München die „Roxy-Film GmbH & Co. KG“, die bekannte
deutsche Nachkriegsfilme (z.B. „Das Mädchen Rosemarie“) produzierte und bis
heute den deutschen Film aktiv fördert (z.B. „Wer früher stirbt ist länger
tot“). In neuerer
Zeit wird der Name „Roxy“ auch international eher für Discotheken und
Veranstaltungsorte vergeben – wohl in Anklang an den Begriff „Rockmusik“ und
den Namen der Rockband „Roxy Music“. 1972 veröffentlichte diese britische
Band ihr Album „Roxy Music“. Es enthielt u.a. Songs, die sich direkt auf
Filme und Kino und die ROXY MUSIC HALL bezogen. Ein so
benanntes Kino hat es nie gegeben. Der Name stammt vom Song „At the Roxy
Music Hall“ aus dem 1938 am Broadway uraufgeführten Musical „I Married an
Angel“, 1942 verfilmt von W.S. van Dyke. Das Lied parodiert den Größenwahn
der Kinopaläste und seiner gigantischen Shows. Dabei nimmt es Bezug auf die
1932 eröffnete und von Roxy geleitete RADIO CITY MUSIC HALL in New York.
Ursprünglich war das Gebäude als Variétebühne geplant, seit 1933 wurden hier
Filme gezeigt – im damals weltgrößten Filmtheater mit 6015 Plätzen. Roxy selber
hätte sich über das Weiterleben seines Namens im Musik- und
Unterhaltungsgeschäft gefreut, denn eigentlich liebte er die Musik mehr als den
Film. Die Orchestermusik hatte bei den Vorstellungen in seinen Häusern oft
einen wichtigeren Stellenwert als die anschließende Filmvorführung. So waren
seine Filmpaläste schon immer vor allem Konzert- und Varietéräume und sein
Ziel, die Musik zu den Massen zu bringen. |
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